Gestern und heute hab ich meine monatliche Ernte eingeholt. Ich nenne acht Pflanzenkonglomerate, also Gemüse und die dazu passenden Kräuter von drei verschiedenen Planeten mein eigen, die alle im selben Klima wachsen. Gepflanzt wurden sie so, dass ich alle dreißig Tage von mindestens einer davon ernten kann.
Damit überschüssiges nicht verdirbt, baute ich mir einen Kühlraum ein. Dieser ist nicht einmal zur Hälfte gefüllt. Nicht, weil er so klein ist, sondern, weil ich soviel esse…^^
Und was sagst Du überhaupt zu der offenen Bauweise meines Schiffs?
Ich habe noch keine Führung mit Dir gemacht. Naja, Führung, in dem Sinne ist wohl nicht mehr nötig. Wahrscheinlich hast Du a) eh schon alles durchforstet und bist b) durch den Hangar hier hineingekommen.
Dann befindet man sich quasi übergangslos auf der Brücke, welche unter chronischem Chaos leidet. Vorne sind die Konsolen, von denen die linke den Frachtraum und die Lebenserhaltung kontrolliert, die Mittlere die Navigation enthält und die rechte dem Geschehen im Maschinenraum vorbehalten ist.
Es gibt zwei Pilotensessel, von denen einer lediglich der Aufbewahrung diverser Wäscheberge dient. Man kann mit ihnen herum schweben, weil sie eine kleines Antigrav-Feld generieren, sie passen sich dem Körper an, lassen sich in dutzende Positionen verstellen und wären nie erschwinglich gewesen, hätte ich sie nicht in stundenlanger Schweißarbeit aus einem völlig deformierten Luxus-Shuttle heraus gefummelt.
Erst lachte Brunodahl, der Werftbesitzer mich aus, sagte, die Dinger seien eh zerfetzt und das würde den Aufwand nicht lohnen. Dann aber ärgerte er sich und wollte nachträglich ein paar Kredits kassieren. Das verbot ihm jedoch seine Gattin. Sie ließ es sich, neben ihrer Verpflegung für mich, nicht nehmen, ab und zu mal selbst nach mir zu schauen. Insbesondere bei der Kücheneinrichtung stand sie mit Rat und Tat zur Seite. Marthamaia. Liebe Frau.
Da die Brücke so elendig groß ist, habe ich sie mit Pflanzkübeln, meinem Schreibtisch, einem Bücherregal und in letzter Konsequenz nun auch dem Bett voll gestellt; das erschwert die Suche nach Dingen zwar manchmal, aber egal. Hier bin ich Blue, hier darf ich sein.
Die kleine, unscheinbare Türe neben der Maschinenraumkonsole führt in den Serverraum; einen langen schmalen Schlauch, in dem sich rechts die Server und links Schränke voll mit Ersatzteilen und Kabeln und was sonst noch, aufhalten. – Ach so, Klebeband, Draht und Kriechöl sind im Werkzeugkasten; das rote Ding mit dem weißen Kreuz drauf; müsste entweder im Hangar oder im Maschinenraum zu verorten sein.
Nicht zu verwechseln, mit dem weißen Ding und rotem Kreuz; das ist für Kopfschmerzen und sowas.
Wenden wir uns von der Unordnung ab und suchen den Wohnbereich auf, welcher der Glaswand sei dank, jederzeit Einblick in das Geschehen bietet. Bei dieser Extra-Ausgabe von Trennsystem spielte mir ein Touristendampfer in die Hände, dessen Kapitän keine Lust mehr hatte, sich wie ein Affe im Zoo zu fühlen. Für die Individuen ist es ja toll, wenn sie dem Treiben auf der Brücke zuschauen dürfen, allerdings fühlten sich wohl ein paar von ihnen bemüßigt, die Crew zu füttern, und das ging ja nun wirklich zu weit.
Man hätte das Teil zwar auch mit einer undurchsichtigen Schicht bedampfen können aber es sollte anscheinend etwas neues her. Glück für mich. So konnte ich das verschmorte Schott des Frachters samt angekokelter Wand einfach raus schneiden, wegwerfen und mir eine tolle Alternative konstruieren.
Wir stehen nun also in meiner Wohnküche. Das Sofa, respektive die „Sitzlandschaft“ schenkten mir meine Eltern. Drei Meter lang, an den Seiten irgendwas um die zwei, sieht dennoch aus, wie ein Teil für die Puppenstube. Genauso, wie das Regal und der Teppich. Alles in Extra-Groß und trotzdem verschwindet es, auf der ganzen Fläche. Na gut, ich wollte es so, riß aus diesem Bereich alle Trennwände raus, die früher einer 10-köpfigen Besatzung als Küche, Vorratslager und Aufenthaltsraum dienten. Nebenan gibt es mehr Wände. Bad, mein Quartier und die Kühlkammer sind fein säuberlich voneinander getrennt. Der Vollständigkeit halber; mein Quartier. Der wohl am meisten vernachlässigte Raum des ganzen Schiffs. Meine Klamotten und ein paar herrenlose Bücher fliegen hier noch herum, mehr nicht. Vielleicht baue ich den Raum um und mach eine Wellness-Oase draus. Oder sonst was. Wenn ich denn wieder zurück komme. … ^^
Folge mir, zur Kochstelle. Insbesondere Marthamaias Einsatz ist es zu verdanken, dass des Hausfrauenherz die totale Erfüllung findet. Wegen ihr besitze ich den „SuperGar2000 Herd“, der alle Speisen selbsttätig erkennt und sie auf den Punkt genau fertig stellt. Das kommt mir sehr zupass, bin ich doch nicht nur ein ausgezeichneter Ordnungshalter, sondern auch bestens vertraut, im Umgang mit Chronos. ← Ironie. Um genau zu sein, vergesse ich die Uhrzeit, sobald mein Blick das Ziffernblatt wieder verlassen hat.
Ferner gibt es noch einen Nahrungsmittelvollautomat, der eigentlich jede weitere Aktivität in der Küche unterbinden könnte, wäre es nicht so entsetzlich langweilig, sich ausschließlich von dessen Produkten zu ernähren. Gepresste Proteine in einigen Geschmacksrichtungen; keine von ihnen kann die pappige Konsistenz der Esswaren überspielen.
Ich habe also nicht nur für frisches Obst und Gemüse gesorgt, sondern auch einen erklecklichen Vorrat an allen möglichen haltbaren Lebensmitteln. Im Kühlraum findest Du sogar ein bißchen Fleisch. – Aber nur für die Feiertage, klar.
Der Kühlschrank brüllt mich an, wenn die Dose Kondensmilch nur noch 50ml Inhalt aufweist und die Kaffeemaschine kann alles, außer telefonieren. In der Schrankwand hinter dem Küchentresen findest Du sämtlichen Kleinkram, den man eben so für die Nahrungsmittelzubereitung braucht, von dem ich allerdings nicht einmal die Hälfte mit Namen nennen kann. Mamas Test habe ich jedenfalls nicht bestanden, sie fragte mich allen ernstes, was ich mit einem Waffeleisen zu tun gedächte. „Kind, du überlebst doch keine drei Wochen da draußen, willst du es dir nicht doch noch einmal überlegen, mit der Weltraumfliegerei?“ Eine Antwort schien sie nicht zu erwarten, sie tauchte gerade in die Untiefen der Spülmaschine und man hörte nur ein gedämpftes: „Da drin ist ja Platz für eine Armee!“
Das war es im groben, vom Wohnbereich; folge mir nun durch das Schott in Richtung Laderaum. Um den Laderaum herum, führen zwei endlos lange Gänge, meine Joggingroute, den einen Gang runter, den anderen wieder hinauf. Unten kurz unterbrochen, von einem Blick in den Maschinenraum. Dort ist es zwar naturgemäß ein bißchen schmierig; dennoch herrschen angenehme 36°C. Wenn Dir also mal kalt sein sollte, kannst Du diesen Zustand dort ändern.
Und ich schreibe und schreibe, die Uhr zeigt, – äh, wieviel? Ach ja, kurz vor 0100 in der Nacht. Ich glaube, für heute ist mal gut.