Tag 13

So, jetzt mach ich mir wirklich Sorgen. Dass ich mich seit dem Sturz aus dem Tunnel beobachtet fühle, erwähnte ich. Dies kann man einer gewissen Grundparanoia zuschreiben. Aber heute Morgen tappe ich nichts ahnend zur Konsole und stelle fest, der verdammte Computer hat den Kurs geändert. Von 12 Servern wurden 11 ausgetauscht und der letzte als externer Arbeitsspeicher stehengelassen. Er ist online, übernimmt seit dem Umbau aber nur noch Aufgaben, wenn der Hauptcluster mit der Navigation beschäftigt ist. Eigentlich bräuchte ich ihn nicht einmal dafür, der neue Rechnerverbund besitzt wesentlich mehr Leistung; jedoch wollte ich dem Schiff etwas von seiner ursprünglichen „Persönlichkeit“ lassen. Bin da etwas sentimental und halte alle Dinge für mehr oder weniger beseelt, zumal wenn sie so komplex sind, wie ein Raumschiff. Wie auch immer, ich ignorierte das Teil, kontrollierte oberflächlich die restlichen Einheiten, überprüfte die Kabel auf ihren festen Sitz und gab am Steuerpult die Koordinaten…

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Tag 12

Gestern und heute hab ich meine monatliche Ernte eingeholt. Ich nenne acht Pflanzenkonglomerate, also Gemüse und die dazu passenden Kräuter von drei verschiedenen Planeten mein eigen, die alle im selben Klima wachsen. Gepflanzt wurden sie so, dass ich alle dreißig Tage von mindestens einer davon ernten kann. Damit überschüssiges nicht verdirbt, baute ich mir einen Kühlraum ein. Dieser ist nicht einmal zur Hälfte gefüllt. Nicht, weil er so klein ist, sondern, weil ich soviel esse…^^ Und was sagst Du überhaupt zu der offenen Bauweise meines Schiffs? Ich habe noch keine Führung mit Dir gemacht. Naja, Führung, in dem Sinne ist wohl nicht mehr nötig. Wahrscheinlich hast Du a) eh schon alles durchforstet und bist b) durch den Hangar hier hineingekommen. Dann befindet man sich quasi übergangslos auf der Brücke, welche unter chronischem Chaos leidet. Vorne sind die Konsolen, von denen die linke den Frachtraum und die Lebenserhaltung kontrolliert, die Mittlere…

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Tag 11

Ich bin komplett auf die Brücke umgezogen. Wände ohne Sicht nach draußen werden mehr und mehr zu einer Quelle der Traurigkeit. Nicht, das ich überhaupt irgendwo ein Fenster hätte; der Panoramaschirm auf der Brücke bietet mir aber eine perfekte Illusion davon. Während der Bauarbeiten überlegte ich, ob ich Löcher in die Außenhülle brennen und mir statt dessen Weltraumfenster einbauen sollte. Ich entschied mich aber dagegen, als ich feststellte, dass dem Frachter gleich zwei Hüllen verpasst wurden. Das genauere Studium seines Logbuchs und einige Rückfragen bei der Herstellerwerft, brachte dann ans Tageslicht, dass man ihn ursprünglich als Sicherheits- und Gefahrguttransporter konzipiert hatte. Ihn umgibt eine Schicht aus Unobtanium, die umso widerstandsfähiger wird, je härter oder heißer der ihn treffende Gegenstand ist. Man muss schon mit Plasmakanonen anrücken und mehrere Stunden auf dieselbe Stelle feuern, um ernsthaften Schaden anzurichten, normaler Laserbeschuss wird gähnend hingenommen. Aus diesem Grund durfte ich übrigens die Fracht…

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Tag 10

Immer noch nichts. Erwähnte ich schon, dass ich sehr ungeduldig bin? Um mich zu disziplinieren, führte ich eine gründliche Inspektion des Rings durch. Ich habe sämtliche Schrauben nachgezogen und die Peripherie nach Undichtigkeiten abgesucht. Nirgendwo eine Leckage. Sehr schön. Wo wir gerade dabei sind, könnte ich auch gleich mal ein paar Worte über unsere Triebwerke verlieren. Ringantriebe sind wahre Kraftmonster; man kann sie durchaus mit einem wütenden Hulk vergleichen. Sie leiden damit aber unter dem entscheidenden Nachteil, dass sie nur zwei Geschwindigkeiten kennen: Standgas und Vollgas. Die Leistungsfähigkeit ergibt sich einzig aus dem jeweiligen Durchmesser des Rings. Ein 60m Trumm, wie er in einem Frachter Klasse 3 zu finden ist, bringt es quasi während eines Wimpernschlages von null auf 25% Lichtgeschwindigkeit. Er setzt, aufgrund der Konstruktion und Funktionsweise, bei jedem Einsatz sein gesamtes Potential frei. Man kann ihn lediglich aktivieren oder deaktivieren. Drückt man den Startknopf, fällt der Druck innerhalb…

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Tag 8

Nichts. Na ja, was erwarte ich. Zeit, mal ein bißchen über mich zu erzählen. Geboren wurde ich auf Tauri-Bey-Ma-Leh, einer blaugrünen Perle. Hinter uns befindet sich ein Nebel, der das Licht unserer Sonne auch auf die Nachtseite reflektiert, weswegen es bei uns niemals wirklich dunkel wird. Ich stamme aus gutbürgerlichem Hause, bin im selben Maße intelligent, wie sozial unverträglich, und wurde als erster weiblicher Langstreckenastronaut bei „Lichtschnelle Post GmbH und Co KG“ angestellt. Also, was heißt angestellt. Ich mach das „freiberuflich“. Bekomme meine Kredits pro Auftrag, muss die Schiffsversicherung aber selbst berappen. Viel bleibt mir nicht. Aber was brauche ich schon groß. Ich wollte hier draußen sein. Mit meinem eigenen Schiff. Nach der Ausbildung zum Astronauten (was bei uns soviel heißt, wie: Mädchen für alles) ging ich für zwei Jahre nach Merdan 5. Ein Bergbauplanet. Es gibt dort nichts als Steine und Abraumbagger, die so groß sind wie Hochhäuser. Einen…

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Tag 7

Das Funkgerät steht jetzt im Shuttle. Ist zwar unpraktisch, jedoch war es mir unmöglich die Laserkanone auszubauen, geschweige denn, sie auf die Brücke zu schleifen. Vielleicht, wenn ich ein Bär wäre. Ich bin aber nur eine Elfe. Und die künstliche Schwerkraft aufzuheben kam nicht in Frage, es sei denn, ich wollte meine Pflanzen an der Decke besuchen. Die Schwerkraft aufheben geht nämlich nur über die Schiffsweite hinweg. Der Befehl zum feuern verweist nun jedenfalls auf das Funkgerät. Statt dem Laser erhält das Gerät den Strom. Die Kanone selbst wird von der Ringenergie des Shuttles versorgt und Schwankungen im Stromfluss werden vom Puffer im Laserkonverter abgefangen. Der Ring wiederum verfügt über eine Reichweite von ungefähr 50 Jahren. Ein bißchen weniger, ich war doch sehr viel mit ihm unterwegs. Aber da das Funkgerät eine wesentlich geringere Energiemenge benötigt, als das Shuttle, kann ich ersteres bestimmt noch mindestens 80 Jahre damit befeuern. Ich…

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Tag 6

Heute ging es ein wenig entspannter zu. Ich löste die restlichen Paneele, führte das Kabel weiter, am Bedienfeld der Schleuse vorbei, welches deswegen jetzt ein wenig traurig umher hängt. Also Vorsicht, beim Tastendruck! Nein, Scherz. Ich habe eine kleine Aussparung in den Rahmen gefeilt und den Rand vorschriftsmäßig abgedichtet. Sieht fast aus, wie gewollt. Na jedenfalls, die Luke im Boden des Hangars, empfand ich als weiteres Problem. Ich wollte nicht, das sie auch nur einen Spalt weit offen steht, musste mein Kabel aber doch zu mir auf die Brücke bekommen. Was bietet sich an? Richtig, der gute alte Kabelkanal. Endlich mal was einfaches. ^^ Jetzt ist es hier oben, bereits am Funkgerät angeschlossen und wartet nur noch darauf, dass ich Energie gebe. Tja. Darüber muss ich noch nachdenken. Die Ringenergie pulsiert, das Gerät benötigt allerdings einen gleichmäßigen Strom. Ich brauche also eine Art Reservoir, in dem sich ein Polster bildet,…

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Tag 5

Lust auf ein bißchen Technik – Geschwafel? Nicht? Du, als hypothetischer Leser, musst da jetzt aber durch. Ich bin leider außerordentlich stolz auf mein (bisheriges) Werk. Das Hyperraum-Funkgerät besteht aus zwei Teilen. Fürs erste kümmern wir uns um die Antenne, einen halbrunden, grauen „Pilz“, der an seiner Unterseite einen kurzen Stiel trägt, an den sich ein dicker Flansch anschließt. Daraus ragt ein mehrfach isoliertes, fünf Meter langes Glasfaserkabel. Der Pilz sieht nach nichts aus, sucht mit der Sendung aber nach Quantenverschränkungen und entwickelt dabei rotglühenderweise eine Temperatur von nicht weniger als 480°C. Er wird an der Außenhülle befestigt. Da ein richtiger Weltraumspaziergang mit einem drittel Licht aber nicht in Frage kommt und ich keine Lust hatte, die ganze Fuhre wieder zu bremsen, zweckentfremdete ich heute Ersatzrohre für die Ringperipherie. Ich nahm zehn Rohre à einen Meter und ein dutzend Gewindemuffen; auf ein Rohr schweißte ich ein dickes Blech, das ich…

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Tag 4

Gestern hab ich den ganzen Tag geheult. Jetzt geht es besser. Irgendwie. Ich meine, muss ja. Noch lebe ich und wie Sie gleich lesen können, gibt es sogar Grund zur Hoffnung. Also… die Art von Hoffnung, die man sich mit einem Brecheisen holt. Das Diagnoseprogramm hat allerdings keine Auffälligkeiten ergeben; nicht zu eruieren, wieso der Computer so ausgetickt ist. Ich lass es nochmal laufen, natürlich. Durchsuchte also die Fracht nach brauchbarem Zeug. 382 Container, Marke „Fort Knox“; natürlich extraordinär sicher plombiert. In den Ladepapieren steht, dass es sich um den kompletten Hausstand von Prinz Zachir-Mumal handelt, der von Mekadon nach Bainhiri umsiedelt; wohl wegen der Unruhen auf seinem Heimatplaneten. Ich würde auch machen, dass ich da wegkomme; inzwischen liegen 43 der 78 Königreiche im Clinch miteinander und man wartet praktisch stündlich auf denjenigen, der die große Bombe aus dem Keller holt. Wie dem auch sei, der Prinz scheint ein ausgesprochener…

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Tag 2

Das sieht schon schön aus, so eine komplette Galaxie auf dem Panoramaschirm. Am Ende der Reise wird sich dieses Bild wohl auf seine Oberfläche gebrannt haben. Sei es drum. Mein Frachterlein wird eh keiner mehr fliegen. Fast zwei Jahre dran herum gebaut, sieben Monate geflogen und schon ist die Reise zu Ende. Applaus. Sitze seit dem frühen Morgen, ohne geschlafen zu haben, nur gelähmt herum und habe keine Lust zu nichts mehr. Bis auf die Routineaufgaben gibt es ja auch nichts zu tun. Morgens um sechs Uhr aufstehen, eine Runde durch das Schiff joggen und dabei gucken, ob irgendwas nicht so aussieht, wie sonst. Anschließend nehme ich den Kaffee auf der Brücke und lasse mir die Daten der Nacht vom Computer geben, dann verbringe ich drei bis vier Stunden im Biotop. Und das war es dann auch schon, im großen und ganzen. Nicht all zu viel, gell. Bis dato verbrachte…

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